Das erste
Gebot:
Ich bin der Markt, Dein Gott. Du
sollst keine anderen Götter neben mir
haben.
Vergessen
Sie Allah, Brahman, Gott, Odin, das Nichts und Ihre Ahnen: es ist ein neuer
Spieler im Land – und er will alles. „Markt“ nennt er sich, und das Wirken
seiner unsichtbaren Hand gestaltet unser aller Alltag. Andere Formen der
Religion sind streng verboten, alle Götter werden per Beschluss der
Naturwissenschaften als „nicht existent“ definiert, Widerspruch ist verboten: es
ist ein neuer Herr in der Stadt – und er zahlt gut für seine
Diener.
Das zweite
Gebot:
Der Markt sei Dein Gott, diene ihm
und hinterfrage ihn nicht, sonst wird er Dich und die Deinen verfolgen bis ins
dritte Glied
Der Markt
steht außerhalb jeglicher Kritik – und Sie sind per Gesetz verpflichtet, alles
zu unternehmen, um seiner Hilfe nicht zu bedürfen; scheitern Sie, kann der Markt
Ihnen und ihren Kindern alle Gnade (sprich: Geld) streichen. Diene dem Markt ein
seinem Gesetz und die Rendite wird auf immer Dein
sein.
Das dritte
Gebot:
Du sollst am Feiertag
arbeiten.
Der Markt
ist immer und ewig, er kennt keine Pause und keine Ruhe, also sollst auch Du
keine Pause und Ruhe kennen; der Markt arbeitet 24 Stunden am Tag und sieben
Tage in der Woche – und so sollst auch Du arbeiten zum Wohle der Heiligen des
Marktes und der Rendite.
Das vierte
Gebot
Du sollst Deinen Vater und Deine
Mutter verlassen.
Der Markt
verlangt einen ganzen Mann (oder eine ganze Frau), er kennt weder Kindheit noch
Alter noch duldet er Menschen, die sich von Kindheit und Alter einschränken
lassen: der wahre Diener des Marktes entsorgt seine Eltern sobald das Erbe
eingefahren ist, dafür stellt der Markt Heime jeder Preisklasse und Quallität
zur Verfügung. Wer seine Eltern
pflegt und hegt, entzieht dem Markt seine Arbeitskraft –
Sünde!
Das fünfte Gebot:
Du sollst töten wo Kollateralschäden
dem Markt dienen
Wer dem
Markt den Zugang verweigert, wer ihm Rohstoffe vorenthält oder menschliche
Arbeitskraft, der kann sanktioniert werden bis der Tod eintritt. Der Markt ist
unser Gott, sein Reich komme, sein Wille geschehe. Wo unheiliger Geist gerechtem
Geschäft im Wege steht, kennt der Markt keine Gnade: der Markt will Zugang zu
allen Märkten, allen Rohstoffen und allen Menschen, zu allem, was man kaufen und
verkaufen kann und er will alles und jeden käuflich machen zum Dienste der
Rendite – wer dem widerstrebt, ist des Todes.
Das sechste
Gebot:
Du sollst
ehebrechen
Wenn der
Marktwert Deines Weibchens infolge Alter oder Krankheit die Rendite trübt, tilgt
der Markt alle Eide und innige Versprechen und gibt Dir Freiheit, ihm besser zu
dienen. Dies gilt auch für Deine Kinder und deren Kinder: wird ihr Nutzen
unerkennbar, verstosse sie, oder – wo es geht: verkaufe sie! Denke daran: der
Markt will, dass Du Dich optimierst – das gilt auch für Frau und
Kind!
Das siebte
Gebot:
Du sollst nicht von Reichen
stehlen
Der Diener
des Marktes nimmt von den Schwachen, den Dummen, den Einfältigen und gibt es den
Schlauen, den Hinterlistigen, denen, die falschen Schein heilig sprechen; doch
niemals nimmt er von denen, die reiche Rendite haben, denn ihrer ist das
Himmelreich. Die Reichen sind die Heilligen des Marktes – sie sind unantastbar
für Recht, Gesetz oder Moral.
Das achte
Gebot:
Du sollst falsch Zeugnis gegen jeden
Nächsten reden, der den Markt und Deine Rendite in Gefahr
bringt.
Kommt
einer, lästert den Markt, spottet über seine unsichtbare Hand, klagt über die
hohen Renditen der Reichen, die der Markt in seiner Gnade diesen gewährt hat, so
nehme diesen Menschen aus Deinen Reihen, beschuldige ihn der schlimmsten Laster,
die Dir genehm sind, denn er hat den Zorn des Marktes auf sich genommen – keine
Lüge ist zu widerwärtig, keine Schmach zu unangemessen um ihn der gerechten
Strafe zuzuführen.
Das neunte
Gebot:
Du sollst begehren Deines Nächsten
Haus!
Das Haus
Deines Nächsten sei Dein Ziel, denn der Markt Dein Gott braucht Bewegung,
braucht ewiges Wachstum – nur wo genommen wird, da kann auch verteilt werden,
nur wo das Heim genommen wird, wird es Motivation geben, dem Markt mit allem zu
dienen, was man geben kann.
Das zehnte
Gebot:
Du sollst begehren Deines Nächsten
Weib, Knecht, Magd, Vieh und alles, was Dein Nächster sonst noch
hat!
Der Markt
braucht Wachstum, Du brauchst Wachstum: schau Dich um – deine Nächsten haben
alles, was Du zum Wachstum brauchst: mache sie Dir untertan Nimm es und verkaufe
es: der Markt wird es Dir vergelten. Doch bedenke immer: der Reiche ist nicht
Dein Nächster – und wird es nie sein. Nichts gebe es, was nicht Deinem Willen
untertan ist, alles gehört jenen, die dem Markt dienen – sie sollten nicht
zögern, es sich zu nehmen, sei es mit List, mit Tücke oder raffinierter
Gewalt.
Das sind
die zehn Gebote des Marktes, der Kern aller Werte des Westens. Doch über allem
schwebt ein Gesetz, dass alle eint und über allen steht, ein Gesetz, dass vielen
Jünger des Marktes in sich tragen und in der Welt verbreiten als Richtschnur für
jene, die einfachen Geistes sind:
Liebe niemanden als DICH
SELBST!
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